Über Schanigärten und Grätzloasen

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Grün statt grau und Porzellan statt Blech – immer mehr Parkbuchten werden inzwischen mit Freisitzmöglichkeiten aufgehübscht. Wer gern draußen sitzt, findet das einfach nur toll.

 

Es war eine richtige Revolution vor rund zwei Jahren: der Stadtrat erlaubte der Gastronomie auf Grund der Corona-Krise auch auf der Straße Tische und Stühle aufzustellen. Und das in München! Wo man jeden Zentimeter im Freien hart erkämpfen oder teuer bezahlen muss oder überhaupt keine Erlaubnis dafür bekommt. Anfangs war man so überrumpelt, dass man keinen Namen für diese neue Art der Terrassen hatte. Irgendwann hießen sie plötzlich Schanigärten.

Das Wort Schanigarten haben wir von unseren österreichischen Nachbarn geklaut. Die sind schon langjährige Profis in Sachen Straßenbuchtennutzung. Den ersten genehmigten Schanigarten hat Giovanni „Gianni“ Taroni eröffnet. Das war um das Jahr 1750 herum. Der 71 Jahre alte Italiener hat damals vor sein Café am Graben einfach einen Gastgarten gesetzt. Den Wienern gefiel das so gut, dass er gleich viele Nachahmer hatte. Vor allem die Damenwelt schätzte die Idee, denn es schickte sich damals nicht, in ein Kaffeehaus hineinzugehen. Im Freien jedoch konnten sie nun auch endlich am Kaffeehausleben teilnehmen.

Woher der Name Schanigarten kommt, ist allerdings nicht vollkommen geklärt. Die einen behaupten, er käme von „Giannis Garten“, also vom italienischen Pionier. Andere bestehen auf diese Geschichte: Der „Schani“, also der so genannte Hilfskellner, bekam den Auftrag, Tische und Stühle ins Freie zu tragen und damit war der Schanigarten geboren. Auch diese Erklärung ist hübsch: „Schani“ als Verkürzung von „Schau nur hin“. Quasi als Aufruf für Passanten, doch ganz genau aufs Essen und Trinken zu gucken und sich dann ebenfalls einen Platz zu suchen. Oder wie wäre es damit: Der „Jean“ ist schuld. So wurde im 19. Jahrhundert nämlich ein Kellner in Wien gerufen. Fest steht: Schanigärten sind eine tolle Erfindung und doch viel schöner als parkende Autos.

Ideengeberin Wien: Grätzloasen verschönern die Stadt

Wer schon in Wien war, ist womöglich schon in einer Grätzloase gesessen. Grätzloasen sind liebevoll bepflanzte und mit Tischen, (Liege-)Stühlen oder Bänken bestückte Sitzecken in Parkbuchten. Jeder kann sich dort niederlassen, allein oder mit Freunden, sein Picknick mitbringen, ein Glas Wein trinken, ein Buch lesen, mit anderen plaudern. Grätzloasen sind quasi öffentliche Balkone oder Terrassen, unabhängig von der Gastronomie. Manche bieten sogar Regenschutz oder eine Beleuchtung.

In der Parklet Darwin Oase trifft sich die Nachbarschaft zum Malen, Plaudern, Kaffee trinken. © LA21 Wien/Tim Dornaus

Die wohl schönste Grätzloase Wiens liegt in der Galileigasse. Für Hali Gali wurde eine Woche lang geschraubt, getackert, gesägt und gepflanzt. © LA21 Wien/Tim Dornaus

 

Die Idee kommt aus San Francisco. Im Jahr 2005 entstand dort der weltweit erste kleine Parkbereich inmitten von Parkbuchten. Mit einem Rollrasen, einer Parkbank und einem Baum in einem Topf. Auch in München ist das Konzept inzwischen angekommen. Beim Pilotprojekt im Jahr 2019 wurden 16 Parklets an acht Standorten realisiert. Das kam so gut an, dass der Stadtrat auch in den Folgejahren die Genehmigung dazu erteilte. Wer eine kreative Idee einreichen möchte, kann an den Green City e.V. schreiben: parklets@muenchenunterwegs.de. Formulare, Konzepte, Gestaltungstipps und mehr gibt es auch hier.

Nur am Namen kann man nichts drehen. Die Freiflächen heißen bei uns „Parklets“. Schade eigentlich, wo Grätzloase doch ein so schönes Wort ist.

Carolin Fried

MINT-Redaktion