Zu viele Gesetze und Normen, zu wenige bezahlbare Wohnungen und das nicht allzu ferne Ziel der Klimaneutralität – diese und weitere Themen beschäftigen die Baubranche in Deutschland seit Jahren. Der Bayerische Bauindustrieverband e.V. sagt: alles ein wenig entschlacken. Ein gutes Beispiel gibt es schon: Gebäudetyp E.
Es wird nicht einfacher. Billiger schon gar nicht. Oder vielleicht doch? Ein Gesetz könnte der Baubranche neuen Schwung geben und sogar dem Klimaschutz entgegenkommen: das Gebäudetyp-E Gesetz. Die Bundesregierung hat es bereits vorliegen. Es muss nur noch verabschiedet werden.
Und dann? Dann wird es um einiges leichter sein für alle Beteiligten und „einfach bauen“ zur Realität. Der „Gebäudetyp E“ ist ein gutes Beispiel. Ein Prototyp quasi dafür, wie man Bauen in Deutschland einfacher, innovativer und kostengünstiger machen kann mit flexibleren Planungsmöglichkeiten. Das „E“ steht für einfach oder experimentell.
Die Initiative für den Gebäudetyp E kam von der Architektenkammer. Die Idee stößt in Fachwelt, Politik und Medien auf große Resonanz. Nun wartet man, dass es zum Gebäudetyp-E-Gesetz kommt. Auch wenn es nicht perfekt ist. „Die Änderungsvorschläge sind zu gering und die Ansätze häufig zu kurz gedacht“, sagt Robert Huber, Syndikusrechtsanwalt beim Bayerischen Bauindustrieverband e.V. Ein guter Schritt in die richtige Richtung sei jedoch zum Beispiel das Bauen ohne Keller.
Der Gebäudetyp E ist die Antwort auf viele Herausforderungen wie Wohnraummangel, schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen, zu hohe Kosten, zu hoher Verbrauch von wertvollen Ressourcen. So geht es etwa darum, wie man auf überzogene und häufig überflüssige „Komfort-“Standards und privatrechtliche Anforderungen verzichten kann, die regelmäßig zu Baukostensteigerungen führen. Ohne natürlich an den Grundanforderungen zu Standsicherheit, Brandschutz und Umweltschutz zu rütteln. Huber bringt einen weiteren Ansatz: die wahnsinnig teure Schalldämmung, die bei ruhig stehenden Häusern einfach nicht nötig ist. „Auch im Recyclingbereich kann viel getan werden, sollten bestehende Standards überprüft und eventuell angepasst werden“, betont der Rechtsanwalt.
Schon jetzt ist die Umsetzung des Gebäudetyps E möglich, wie diverse Ansätze zeigen. Im Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr zum Beispiel fiel am 15.12.2023 der Startschuss für 19 Pilotprojekte zum Gebäudetyp E, die nun in fast allen Regierungsbezirken Bayerns realisiert werden. Wissenschaftlich begleitet, um herauszufinden, ob normabweichende und innovative Lösungen das Planen und Bauen tatsächlich erleichtern, ob Kosten gespart werden können und wo gesetzlicher Handlungsbedarf besteht.
Auch aus dem Norden kommen Impulse. In Schleswig-Holstein etwa wurde der „Regelstandard Erleichtertes Bauen“ für den Sektor Soziale Wohnraumförderung entwickelt. Oberstes Ziel: die Baukosten senken. Wenn man die Umsetzung konsequent verfolgt, gelingt das. Zudem werden Ressourcenverbrauch und Treibhausgasemissionen gesenkt. Und durch Maßnahmen wie eine nur geringe Reduzierung der Decken- und Wandstärke sinkende Baukosten zusätzliche Wohnfläche und höhere Gebäudeertragswerte erreicht.
Darf man nun euphorisch in die Zukunft blicken? Ein bisschen schon. Obwohl zum aktuellen Normen- und Gesetze-Berg auch neue Gesetze dazugekommen sind wie etwa das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG), das Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität. „Nahezu unlösbar sind wir im Gewirr von Vorschriften und Anwendungsregeln verfangen“, sagt dazu eingeübter Planer wie Conrad Hansen, Geschäftsführender Gesellschafter Struktur+Festigkeit Ingenieurgesellschaft mbH. Er hat eine Dokumentation zum Gebäudetyp E erstellt. Vorschläge wie „Vom Ende her planen, also Baubetrieb, Baustellenbedingungen und örtlich etablierte Bauweisen schon bei der Vorplanung angemessen zu berücksichtigen und nicht dem Zufall zu überlassen“ finden sich hier ebenso wie Ideen zur Entschlackung des Bauordnungsrechts.
Eines dürfte jedoch klar sein: Entschlackung und der Gebäudetyp E sind entscheidende Elemente für eine funktionierende Bauwende im Sinne von Klima, Wohnungsmangel und zu hohen Kosten.
Fotos: BBIV