Energieautarke Häuser aus Müll

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Earthships bestehen aus Dosen, Autoreifen, Wasserflaschen und anderem Abfall sowie aus Naturmaterialien. Wärme, Wasser und Strom erzeugen sie selbst. Der Amerikaner Michael Reynolds hat sie vor über 50 Jahren erfunden. Erst jetzt findet sein Konzept Anklang in aller Welt.

Ein Haus aus Müll? Das klingt irgendwie eklig. Oder zumindest nach einem unschönen Bauwerk weit weg von jeglichem Style. Dabei sind Earthships höchst attraktive Alternativen zu herkömmlichen Gebäuden. Optisch könnten sie von Gaudi und Hundertwasser sein mit ihren schrägen Formen und unkonventionellen Details. Wenn auch jedes Earthship seinen individuellen Charakter hat, einige Designs haben sich über die Jahrzehnte hinweg bewährt. Von schlicht und funktional bis äußerst komplex mit Dschungel, Fischteich, Wasserfall und Gewächshaus.

Die Idee ist jedenfalls toll und äußerst nachhaltig: Ein Haus aus Plastik-, Alu- und anderem Müll sowie aus alten Autoreifen, Glas, Lehm und Naturmaterialien versorgt seine Bewohner mit Strom, Wärme und Wasser ohne Anschluss an große Netzwerke. Auch das Abwasser wird vor Ort recycelt. Der Anbau von Lebensmitteln zählt zumeist auch zum vollendeten Selbstversorger-Konstrukt. In integrierten Gärten werden da etwa Obst, Gemüse und Kräuter kultiviert.

Grundsätzlich können Earthships überall gebaut werden – auch in kälteren Regionen

Earthships werden als Gemeinschaftshäuser und als Wohnhaus für die Familie genutzt.

Weltweit gibt es etwa tausend dieser Erdhäuser. In den USA, in Kanada, Südamerika, Japan, Indonesien, Australien, Afrika und Europa. Die Außentemperaturen sind dabei nicht das Wichtigste. Es geht eher um die Sonnenstunden. Natürlich müssen einige Regeln und Vorschriften beachtet werden, bevor ein Earthship Realität wird.

In erster Linie eignen sich Earthships für Individualisten. Kreativität, Mut und Risikobereitschaft sind entscheidende Voraussetzungen. Von Vorteil ist auch ein gewisses technisches Know-How. Die Systeme für Wärme, Wasser und Strom sollten verstanden und im Blick behalten werden.

Hinter dem Konzept „Earthships“ steckt der Amerikaner Michael Reynolds.

Mike Reynolds hat die nachhaltigen Häuser erfunden. Keineswegs gestern, sondern schon vor über einem halben Jahrhundert. Reynolds, Jahrgang 1945, zerzaustes Grau auf dem Kopf und um die Mundpartie, wuchs in Louisville/Kentucky auf. Nach seinem klassischen Architekturstudium wurde er zum Rebell. Der viele Müll auf der Erde gab ihm den Antrieb. In der Wüste New Mexicos baute er sein erstes Haus aus alten Bierdosen, sein erstes „Earthship“ oder Erdschiff. „Ein Schiff, das auf dem stürmischen Ozean der Zukunft nicht untergeht“. Das war im Jahr 1971. Man hielt ihn für einen Spinner. Ressourcenknappheit war damals noch eine Utopie.

Inzwischen ist sein Unternehmen „Earthship Biotecture“ rund um den Globus bekannt. Seine Konzepte werden in alle Welt exportiert. In der firmeneigenen Akademie kann man von Profis alles über Design, Konstruktion und Philosophie lernen. Auch Online in Webinaren. In Deutschland gibt es erst ein Earthship. Mehr wurden bisher noch nicht genehmigt. Es steht in Schloss Tempelhof, einem kleinen Dorf zwischen Stuttgart und Nürnberg. Wer probeweise in einem Earthship übernachten möchte: mal auf AirBnB schauen!

Mehr dazu finden Sie hier. 

Carolin Fried

MINT-Redaktion