Autofreie Innenstadt, kostenlose Leihfahrräder, ein ganz besonderer Taxiservice und Zero Waste seit 2013 – Sloweniens Hauptstadt ist klein, aber ein Gigant in Sachen Nachhaltigkeit.
Die Rollkoffer rattern übers Kopfsteinpflaster, die ersten Cafés spannen ihre Sonnenschirme auf. Keine Autohupen. Kein Motorenlärm. Nur das Klappern von Kaffeetassen und das Murmeln der Gäste ist zu hören. Die Luft ist frisch, der Himmel leuchtet in einem tiefen Blau. Die Ljubljanica windet sich sanft durchs Zentrum. Willkommen im entschleunigten Ljubljana! Drei Viertel der Stadt bestehen aus Grünflächen. In Punkto reiner Fußgängerzonen ist die Stadt Vorreiterin in Europa.


Herzstück des grünen Konzepts ist die autofreie Innenstadt. Entspannt und in guter Luft kann man hier durch die verwinkelten, engen Gassen flanieren und in kleinen Boutiquen Kristallwaren, Designer-Mode, Kunst, Antiquitäten und andere lokale Produkte erwerben. Wer erschöpft ist, hält einen „Kavalir“ an. Das ist ein Elektro-Fahrzeug, das im Schneckentempo durch den Altstadtkern rollt, und bis zu fünf Menschen an ihre gewünschten Ziele bringt. Nur innerhalb der Fußgängerzone allerdings. Aber die ist ja groß. Kavalire können auch telefonisch bestellt werden, sind gratis für ältere oder gehbehinderte Menschen.
Wir gehen jetzt mal zu Fuß weiter zum Vodnik-Platz. Hier kann man sich mit heimischen Lebensmitteln eindecken. Frische Äpfel, duftender Lavendelhonig, Gemüse, Käse, hausgemachtes Brot und noch viel mehr türmen sich in den Auslagen der Marktstände. Alles kommt aus der Region. Ohne lange Transportwege. Ohne Verpackungsmüll. Viele Restaurants, die am Nachhaltigkeitszeichen SLOWENIA GREEN zu erkennen sind, decken sich hier mit Zutaten ein, um besondere Frische in ihre Kreationen zu bringen und die Umwelt zu schonen.


Auffallend beim Stadtspaziergang: weder quellen Mülleimer über, noch liegen Verpackungen auf den Gehwegen. Ljubljana gehört zu den saubersten Städten Europas – nicht, weil hier häufiger geputzt wird, sondern weil die Menschen bewusst weniger Müll produzieren. Seit 2013 ist die Stadt Teil der Zero-Waste-Bewegung, mit einem Recyclinganteil von über 68 Prozent. Plastik ist in vielen Geschäften gar nicht mehr zu finden. Auch die Stadtverwaltung hat ihren Papierverbrauch drastisch reduziert.
Jetzt aber weiter und die Ohren spitzen. Und nicht wundern, wenn plötzlich ein kräftiges Summen ertönt. Von zu viel Honigwein am Abend zuvor kommt es nicht. Mit Honig hat es allerdings zu tun. Ljubljana setzt aktiv auf urbane Imkerei. Die Krainer Biene ist in Slowenien zu Hause, eine Bienenrasse, die als eine der weitest verbreiteten Honigbienen der Welt gilt. Immer wieder trifft man auf Wildblumenwiesen zwischen historischen Gebäuden, wo Bienen ungestört ihren Nektarsammeln. Biodiversität gehört zum Stadtbild. Die slowenische Imkereitradition ist reich und tief im Volksbewusstsein verankert.

Auch in der Architektur zeigt sich die Natur. An zahlreichen Fassaden grünt und blüht es. Neben moder nen Gebäuden, die sich in das historische Stadtbild einfügen, stehen traditionelle Häuser mit bepflanzten Dächern – ein Zusammenspiel von Alt und Neu, von Design und Umweltbewusstsein. Ein Vorzeigeprojekt wird der Working-Hub „Vilharia“. Das LEED Platin zertifizierte Objekt gilt schon vor seiner Fertigstellung als Sloweniens grünstes Bürogebäude.
„Bei den Jüngsten muss man anfangen“, lautet die Devise im Bereich Bildung. In den Schulen wird Nachhaltigkeit aktiv gelebt. Kinder lernen hier von klein auf, wie man verantwortungsbewusst mit Ressourcen umgeht, buddeln in eigenen Schulgärten, helfen mit beim Anbau vom Gemüse. Zudem gibt es Bildungsprogramme zur Mülltrennung, zu erneuerbaren Energien und zu nachhaltiger Stadtentwicklung.


Wie man sich in Ljubljana fortbewegt? Sehr gern zu Fuß. Oder in einem der leisen Elektrobusse. Oder per Fahrrad, das man an vielen Stellen auch aus leihen und in der ersten Stunde kostenlos benutzen kann. Bis 2030 möchte Ljubljana eine der fahrradfreundlichsten Städte Europas werden.
Ob die Einwohner genervt sind, dass bereits seit 2007 die Innenstadt für den Autoverkehr gesperrt ist und im Jahr 2013 eine wichtige Verkehrsader, die Slovenska cesta, aufwändig umgestaltet und komplett autofrei wurde? Man merkt es ihnen zumindest nicht an. Sie wirken alle sehr entspannt und genießen wie die Touristen das viele Grün, die bessere Luft, die Ruhe und die Lebendigkeit ihrer Stadt. Und die Autos von Anwohnern oder Besuchern? Die stehen brav in den Tiefgaragen, die seit Einführung der autofreien Zonen extra gebaut wurden.
Fotos: Serhii Zarev@scop.io; Petar Milošević; peter-zuijdwegt@unsplash; Henry Ren@unsplash; Peter Hazlinger@scop.io; Daniel Funes Fuentes@unsplash; Vilharia.si