Auch in der gehobenen Hotellerie ist der Trend des „nachhaltigen Luxus“ ein Top-Thema. Da immer mehr Gäste Wert auf ökosoziale Faktoren legen, wächst der Druck auf die Branche stetig. Doch statt Prozesse zu optimieren, was für viele Unternehmen elementare, mit entsprechenden Kosten verbundene, Veränderungen bedeuten würde, wird nicht selten trügerisches „Greenwashing“ betrieben. Es stellt sich die Frage, wie nachhaltig Luxus wirklich sein kann – und wie die Betriebe den Anforderungen nachkommen. Das Bio-Hotel Stanglwirt in Going am Wilden Kaiser verfolgt als Leitbetrieb seit frühesten Anfängen ein Konzept, das entsprechende Beachtung findet.
Dass der Stanglwirt das Prädikat Luxus- und seine 5 Sterne verdient, ist unbestritten. Doch wie steht es um die Nachhaltigkeit? Wie schafft es ein 5-Sterne Hotel mit über 170 Zimmern und Suiten, einem reichhaltigen kulinarischen Angebot und einem großzügigen Wellnessbereich umweltschonend zu wirtschaften? Im Falle des Stanglwirt liegt die Antwort vor allem in der Weitsicht, im Ideenreichtum und der Innovationskraft der Betreiberfamilie Hauser.
Bereits zu Beginn der achtziger Jahre, lange bevor die Diskussion um die Gefahren des Klimawandels entbrannte, hatte Familienoberhaupt Balthasar Hauser eine sehr konkrete Vorstellung des ökologisch förderlichen, touristischen Angebotes: die Vision, den Stanglwirt als Bio-Hotel neu zu konzipieren, war geboren.
Ein gewagtes und von Skeptikern belächeltes Unterfangen – damals gab es europaweit kein vergleichbares Projekt, es entstanden in erster Linie große Betonbauten mit Fensterrahmen aus Aluminium oder Kunststoff, Asbest wurde als Feuerschutz großzügig verbaut. Balthasar Hauser hingegen setzt auf biologische Materialien – auf Kalkmörtel statt Zement, Holztramdecken statt Stahlträger und Ziegel aus Holz und Ton statt aus Beton – und wird damit zum Vorreiter in der Öko-Hotellerie.
Mitten in der zweiten Ölkrise nimmt der Stanglwirt zudem als erstes Hotel Europas das erste Biomasse-Heizwerk für ein Hotel in Betrieb, was mit dem Innovationspreis der Republik Österreich belohnt wurde. Heute generiert das Heizwerk etwa 4,6 Millionen Kilowattstunden Wärme genug, um das gesamte Gelände mit Warmwasser auszustatten.
Dank der hauseigenen Kaiserquelle ist das gesamte Areal stets mit Wasser der Güteklasse I versorgt. Die Quelle ist so ergiebig, dass sie nicht nur erstklassiges Trinkwasser liefert und somit Lagerkapazitäten und Transportwege einspart, sondern sogar genug Nutzwasser hervorbringt, mit dem auch der Wellnessbereich samt Pools betrieben werden kann. Zusätzlich wird das Grundwasser Reservoir mithilfe einer innovativen Wärmepumpenanlage als Energielieferant genutzt. Aus 1 kW eingesetztem Strom entstehen 4 kW Wärme. So ist z.B. der Wellnessbereich energieautark und das abgekühlte Wasser wird später für die Klimatisierung, unter anderem von Tagungsräumen und Büros, genutzt.
Seine Stromversorgung bezieht der Stanglwirt 100% CO2-frei durch Ökostrom aus regionaler Wasserkraft. Um den verbleibenden CO2-Austoß auszugleichen, unterstützt das Haus ein Regenwald Revitalisierungsprojekt der Universität für Bodenkultur in Wien mit jährlich mehreren hundert gepflanzten Bäumen in Costa Rica, die etwa 220 Tonnen CO2 binden und eines der artenreichsten Ökosysteme der Welt stärken. „Wir arbeiten maßgeblich daran, den größten Teil der CO2-Produktion durch innovative Maßnahmen direkt im Betrieb einzusparen und den unvermeidbaren Rest durch Beteiligungen an sinnvollen und nachvollziehbaren Klimaschutzprojekten wie eben jenem in Costa Rica zu kompensieren“, erklärt Junior Chefin Maria Hauser.
Auch die biologische Landwirtschaft ist ein zentraler Aspekt der nachhaltigen Bewirtschaftung des Stanglwirt. Das Areal erstreckt sich über 65 Hektar Grünland und 52 Hektar Almgebiet. Milch, Butter, Joghurt, Käse und Brot stammen aus eigener Produktion, das Rindfleisch wird in der hauseigenen Metzgerei verarbeitet. Alles, was nicht selber hergestellt werden kann, stammt von Lieferanten, die unter den Aspekten der Qualität und Regionalität ausgewählt werden. Im Jahre 2016 wurde die Gastronomie mit dem AMA Gastrosiegel prämiert, mit dem Nahrungsmittel unter strengen Auflagen geprüft und gekennzeichnet werden. Somit kann die Herkunft der verarbeiteten Waren vom Feld bzw. Stall bis auf den Teller nachvollzogen werden.
Im Nachhaltigkeits-Kontext hervorzuheben ist sicherlich auch die enge Zusammenarbeit mit dem World Wide Fund For Nature (kurz WWF), eine der größten Naturschutzorganisationen der Welt. Seit 2017 besteht eine Kooperation, die zum Ziel hat, den ökologischen Fußabdruck stetig zu verkleinern. Hierzu wurde eine Umweltgruppe aus Mitarbeitern aller Unternehmensbereiche gegründet, die unter Anleitung des WWF besonderes Augenmerk auf Ansätze der ganzheitlichen Fortentwicklung des Themas Umweltschutz hat. Bereits 1998 tat sich die Familie Hauser mit dem WWF zusammen, als es darum ging, den Bau einer Ziegelfabrik zu verhindern und die damit verbundene Trockenlegung eines Moors in einer Nachbargemeinde zu verhindern.
All das zeigt, dass der Stanglwirt trotz seiner beachtlichen Entwicklung von seinen Ursprüngen als Bauernhof bis hin zum weltberühmten 5-Sterne Hotel tief in der Region verwurzelt ist und die ökonomischen Prozesse schon immer mit dem Grundsatz verbunden waren, die heimischen Ressourcen zu nutzen, zu fördern und zu bewahren. Natürlich ist das Hotel darauf bedacht, seinen Gästen exklusive Feinheiten anbieten zu können – so gibt es z.B. auch im Winter saftige Erdbeeren, was von Kritikern natürlich als wenig nachhaltig gewertet wird. Allerdings ist man sich dessen bewusst und man steht dazu. Fakt ist, dass kein „Greenwashing“ betrieben wird, da hierzu kein Anlass besteht. Die Devise des Stanglwirt ist es, weiterhin auf Innovationen statt auf Verzicht zu setzen und als Leitbetrieb aufzuzeigen, dass es eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, die touristische Betriebe nutzen können, um die Umwelt wesentlich zu entlasten und es hierbei kein „entweder – oder“ geben muss. Vorausgesetzt die Grundsätze stimmen.
Die Frage ob Luxus im Hotelgewerbe nachhaltig sein kann, kann nur mit einem „Jein“ beantwortet werden.
Das Beispiel des Stanglwirt aber zeigt, dass sich sowohl „Luxus“ als auch „Nachhaltigkeit“ immer mehr auch über eine bestimmte Einstellung samt Lebensstil, sowie über eine entsprechende Wertehaltung definieren. Hier geht der Stanglwirt seit jeher mit bestem Beispiel voran, was sicherlich auch ein Appell an Partner, Kollegen und vielleicht auch an die Gäste des Hauses ist.